Fehlprogrammierungen durch Dritte
Unser Gehirn ist also eine Art Sammelstelle mit zahllosen Schubladen für alle gemachten Erfahrungen. Immer wenn wir etwas Neues erleben, erinnern sich die „neuronalen Verknüpfungen“ an ähnliche Vorgänge und ordnen diese automatisch - häufig ohne jegliche „innere Prüfung“ - in Schubladen scheinbar gleichen Inhalts ein. Wobei diese Erinnerungen an Zeit und Raum gebunden sind. Dementsprechend wird das Neue ständig mit Erinnerungen, die auf Vergangenem aufbauen, nebeneinander gestellt. Dabei vergleichen wir uns fast ausschließlich mit dem Verhalten, mit den Ansichten und Lehrmeinungen von Dritten aus unserem unmittelbarem Umfeld und vergessen rundweg – und dies sehr oft völlig unbewusst -, dass wir selbständige Individuen sind, mit eigenen Interessen, Träumen, Wünschen und Lebensvorstellungen.
Besonders wenn wir mit negativen Themen konfrontiert werden, öffnet unser „Erfahrungs-Bewusstsein“ immer wieder die vermeintlich passende Schublade dazu und das gleiche Thema, die gleichen Emotionen, der gleiche Partner - nur in anderer Farbe - kommen wieder zum Vorschein. Unser Leben wird im Prinzip aus den „Falschprogrammierungen“ der Vergangenheit gespeist und dadurch ein ständig neuer, wiederum "falscher Programmcode" in unserem Gehirn geschaffen. Wobei dieser Code uns von der Mutter durch deren Ängste, Depressionen, bestimmten Verhaltensweisen usw. bereits im Mutterleib übertragen werden kann.
Der einzige Ausweg aus dem Dilemma ist, den „Ursprungsprogrammcode“, eingeordnet in diverse Schubladen, komplett wieder neu zu schreiben und zu strukturieren. Alles was dann neu hinzukommt, setzt dann auf einer höherwertigen Basis auf und ein weiterer „fehlerhafter Programmcode“ wird vermieden. D. h. die Lösung ist, die eingebrannten Muster, den mitgeschleppten Mist über Bord zu werfen und dann das "Leben neu zuschreiben".
Hierzu ein Beispiel:
Der 43 jährige Klient/Coachee Peter hat einen extremen Sauberkeits- und Ordnungsfimmel, die sich inzwischen zu einer Manie
gesteigert haben. Seine Frau und seine 15 jährige Tochter leiden unter seinen Problemen und bekommen seine Symptome unmittelbar
- in Form von gereizter Stimmung - ab. Nebenbei erwähnte er im Vorgespräch der Sitzung noch,
dass er seit ein paar Jahren aus „heiterem Himmel“ einen Hautausschlag bekommt.
Dies aus seiner Sicht aber nicht nichts mit seiner Familie zu tun hat und dementsprechend nicht
Gegenstand seines Anliegens ist.
Seine Sauberkeits- und Ordnungsmanie hat sich inzwischen so gesteigert, dass seine Ehe kurz vor dem „Aus“ steht und er aus
seiner Sicht keinerlei mehr Zugang, weder zu seiner Frau noch zu seiner Tochter hat. Nach
seiner Meinung liebt er einerseits seine „beiden Frauen“ und hat Angst
sie zu verlieren, anderseits läuft in ihm immer der gleiche Film ab, wenn er wieder etwas sieht, das seinen Vorstellungen von
Reinlichkeit und Ordnung widerspricht. D. h. seine Familie funktioniert und pariert
nicht so, wie er es gerne hätte. Zusätzlich gibt es immer wieder Debatten, da er nach der Meinung seiner gesamten
Familienangehörigen in bestimmten Situationen zu bleiern und zu träge reagiere.
In der psychobionsichen Profiling-/Coaching-Sitzung wurden alle wichtigen Schlüsselszenen herausgearbeitet. Der „Ursprungscode wurde richtig gestellt, also die eingebrannten Muster bearbeitet und zum Positiven hin verändert. Gravierende Rollen spielten dabei noch die Oma mütterlicherseits, sein Opa väterlicherseits, seine Großtante und seine um 5 Jahre jüngere Schwester. Allerdings um den roten Faden für das Beispiel einer „Fehlprogrammierung“ erkennen zu können, reicht es, die Mustersetzungen durch die Eltern und der Schule für den Leser in diesem Zusammenhang aufzuzeigen. Die Schwierigkeiten, die sich dadurch auch in seinem beruflichen Umfeld ergaben, sind für den roten Faden nicht zwingend erforderlich und werden deshalb aus Ausführlichkeitsgründen hier nicht beschrieben.
Peters Mutter war Hausfrau und hatte ausgeprägte Abneigung gegen alles, was irgendwie klebrig, batzig, breiig, also
schmutzig war oder nur so ähnlich aussah. In der Sitzung stellte sich heraus, dass dies von ihrer
Mutter und noch extremer von deren Schwester, also seiner Tante kam.
Der gut zwei Jahre alte Peter hatte seinen Kartoffelbrei gegessen und dabei seine Finger mit dem Brei bekleckert. Er hob
nun die Hände zur Mutter hoch und wollte von ihr hochgenommen werden. Die Mutter reagierte nicht. Nach dem dritten Versuch
meinte die Mutter unwirsch, „Du bist schmutzig, wasch dir zuerst Hände, so schmutzig mag ich dich nicht“.
Aus offensichtlich erzieherischen Gründen und nicht zuletzt zum
Selbstschutz redete ihm seine Mutter andauernd auch noch ein, dass man
vom Schmutz sehr schnell krank werden kann. Als Beispiel verwies sie
immer wieder auf einen ca. 45 jährigen Nachbarn, der ständig Akne hatte und
auch dementsprechend mit Narben im Gesicht gezeichnet war. Der Nachbar
hatte dazu noch eine sehr laute Stimme und Peter entwickelte eine
gewisse Scheu vor ihm.
Im Gehirn des kleinen Peters wurde abgespeichert: „Liebe gibt es nur,
wenn ich sauber und rein bin. Bin ich nicht sauber oder meine Umgebung
ist nicht sauber, dann werde ich auch noch krank. Dies zeigt sich direkt
in Form von unreinem Gesicht.“
Sein Vater ist in der dritten Generation Lehrer. Nach der Ansicht seines
Vaters wird das Leben durch innere und äußere Sauberkeit bestimmt. Die
innere Sauberkeit wird nur durch Ordnung aufrechterhalten und diese wird
durch „Parieren“ und „Funktionieren“ gewährleistet. (Das Parieren
hatte ihm sein Vater, Lehrer von Beruf, also Peters Opa, noch mit dem Rohrstock
beigebracht).
Die äußerliche Sauberkeit zeigt dem Umfeld, dass man auch innerlich
sauber ist. Bereits im Alter von zwei Jahren musste sein
Sohn Peter jeweils vor dem Essen und vor dem Schlafen seine Hände
vorweisen. War Schmutz unter den Fingernägeln oder die Hände und Arme
nicht makellos sauber, dann gab es mit dem nächstgelegen Teil ein paar
auf die Finger, zumindest drohte der Vater dies an. Bald begann
zusätzlich der
Vater, den Peter mit Aufgaben zu beauftragen. Er musste ja richtig
erzogen werden.
So musste Peter die Zeitung vom Briefkasten holen und immer an einem
bestimmten Platz legen. Kam der Vater von der Schule nach Hause, war es
Peters vordringlichste Aufgabe seinen Vater artig und respektvoll
begrüßen. War er mal zu tief in ein Spiel vertieft und bemerkte das
Heimkommen seines Vaters nicht - oder wollte es nicht bemerken, wurde er
sofort gerügt. Gab es irgendetwas im Haus oder Garten zu tun oder zu
reparieren, musste Peter über Stunden hinweg dabei sein und wenn es nur
galt dem Vater ein oder zwei Schrauben oder Nägel zu reichen.
War Peter nicht sofort zu Stelle oder reagierte er zu langsam auf die Anforderungen seines Vaters, wenn er also nicht schnell
genug zu Stelle war, dann gab es ebenfalls paar auf die Finger. (Wobei zu bedenken ist, dass für einen kleinen Knirps schon
leichte Klapse oder nur die Androhung derer, als heftige - zumindest aber als seelische - Hiebe empfunden werden können.)
Stand das Essen unpünktlich auf dem Tisch oder empfing die Mutter den Vater nicht gebührend, dann „parierte“ auch sie nicht und es gab
Streit zwischen dem Elternpaar.
Im Verstandesbewusstsein, also im Gehirn Peters, speicherte sich ab: „Wenn Ordnung und Sauberkeit- im Inneren und um Außen - herrscht, gibt
es keine Hiebe und keinen Ärger. Erreicht wird das durch „Parieren“. Zusätzlich baute sich eine gewisse Angstenergie bei dem Kleinen vor
einer Bestrafung auf. Bei der Mutter durch Liebesentzug und beim Vater durch „Hiebe“ bzw. dessen Androhung.
Obendrein legten beide Eltern extremen Wert darauf, dass Peter immer korrekt und sauber
gekleidet war. Entsprach es nicht ihren Vorstellungen gab es Strafen. Z.
B. wurde er öfters in den Keller gesperrt.
Im Alter von zehn Jahren stand der Wechsel zum Gymnasium bevor. Bis zu diesem Alter "funktionierte" Peter nach den Ansichten seiner Eltern recht gut. Er war eine Art Selbstläufer in der Schule. Voller Euphorie räumte Peter all seine Spielsachen, Kinderbücher und Lieblingstiere auf den Speicher, da jetzt Ordnung für den neuen Lebensabschnitt geschaffen werden musste. Er trennte sich von all seinen liebgewordenen Sachen. Im Innersten hing er an seinen Sachen sehr wohl, aber nach dem Verstand musste er anders funktionieren. (Dies geschah nicht auf direkte Aufforderung der Eltern. Das war seine „eigene Idee“ – Hier zeigte sich aber bereits der erste Ansatz zu seiner Manie, dessen Samenkörner bereits vor 2 Jahren gesetzt wurden).
In der Schule gab es unerwartete Probleme. Der zehnjährige Junge kam mit dem
Schulstoff nicht mit. Er brauchte plötzlich unendlich lange zur Vorbereitung, egal um welches Thema oder Aufgabe es in der Schule ging.
Zum Unterrichtsbeginn säuberte er – versteckt vor seinen Mitschülern - jedes mal noch mit einem Reinigungstuch seine Hände.
Er wurde immer unkonzentrierter, schlief schlecht und baute einen immer größer werdenden Groll gegen die Schule auf.
(Besonders langsam wurde er, egal ob es sich um Themen in der Schule, zu Hause oder was es auch immer handelte, wenn von ihm "Parieren" in irgendeiner Form verlangt wurde.
Wobei jede Aufforderung zu irgendeiner Handlung seitens Dritter Peters Gehirn bereits als Parieren interpretierte).
Seine Mitschüler bekamen sein Verhalten bald mit. Sie hänselten ihn und spielten ihm einige böse Streiche. Dadurch wurde er immer mehr zum Außenseiter. Peter getraute sich seinen Eltern von seinen Schwierigkeiten in der Schule nichts sagen, besonders da sein Vater auf Schulprobleme ihm gegenüber sehr ungehalten reagierte. Peter funktionierte mit einem mal nicht mehr. Kam Peter von der Schule nach Hause, räumte er alles was herumlag, egal ob es sich um Gegenstände in der Küche, dem Wohnzimmer oder in seinem Zimmer handelte, einfach wahllos in irgendwelche Schubladen ein. Er entwickelte eine regelrechte Aufräummanie. Seine Eltern wunderten sich darüber. Hauptsächlich waren sie aber darüber verärgert, dass sie Nichts mehr an ihrem Platz fanden. Peters Probleme und deren Ursache sahen oder besser gesagt, wollten sie aber nicht sehen. Ihr Sohn, der Sohn eines Lehrers, hat keine Schwierigkeiten in der Schule zu haben - ein Ding der Unmöglichkeit.
Peter musste die 5. Klasse wiederholen und wurde allmählich besser in der Schule. Seinen Ordnungsfimmel hielt er
weiterhin aufrecht. Seine Aufräummanie legte sich scheinbar allmählich, nicht zuletzt durch die ständigen Unmutsäußerungen
seiner Eltern.
Während der Pubertät bekam er Pickel im Gesicht und auf dem Rücken, so wie sie fast bei allen
Jugendlichen aufgrund der Hormonumstellung auftreten. Obwohl die Hautverunreinigungen relativ
gering waren - im Vergleich zu manchen seiner Mitschüler - war das für
Peter wie eine Strafe. Es war für ihn ein Zeichen von innerer und
äußerer Unreinheit. Deshalb vermied er noch mehr als bisher, egal ob in der Schule
oder in seiner Freizeit, mit Schmutz oder was nur annähernd nach
Schmutz aussah, in irgendeiner Form in Berührung zu kommen.
Zusätzlich achtete er auf peinlichste Ordnung und schottete sich darüber hinaus immer noch mehr gegenüber seinem Umfeld ab.
Freunde hatte er so gut wie keine.
Der eigentliche Grund hierfür war ihm nicht vollends bewusst. Er schämte sich wohl etwas seiner Pickeln, aber es erklärte nicht im Entferntesten seine extreme Zurückgezogenheit. Tatsächlich suggerierten ihn seine abgespeicherten Vergangenheitsinformationen, „Akne - auch in sehr leichter Form - kommt von unreinen Gedanken. Davor schützen kann man sich durch „Einsiedelei und peinlichste Ordnung. Diese sichern innere Reinheit. In der Sitzung zeigte sich hier auch der Nachbar.
Einerseits lobten seine Eltern Peter nach außen hin überall, wie brav er ist. Peter war ein Mustersohn, der alles tat, was man von ihm
verlangte. Peter parierte vorbildlich, wenn auch immer langsamer. Andererseits reagierten seine Eltern zu Hause oft ärgerlich
auf seine Langsamkeit. In der Schule wurde ihm diese als Trägheit ausgelegt.
Peter hielt den "Mustersohn" durch seine Programmierung aus der Frühkindheit aufrecht. Sie sagte ihm
„Innere Ordnung wird durch Parieren und Funktionieren“ erreicht und damit stößt du auch auf die wenigsten Widerstände
im außen.
Peter hatte mit diesen Vorgaben keinerlei Chancen irgendeine Art von Emotionen auch nur im geringsten zu zeigen und schon gar
nicht auszuleben. Er musste zwangsläufig alles in sich "hineinfressen". Das einzige äußere Indiz für seine Probleme
mit der Schule und seinen Eltern, war seine Langsamkeit. Keiner bemerkte, was sich in seinem Inneren über die Jahre
hinweg immer mehr aufgestaut hatte bzw. weiterhin aufgestaut.
Nach dem Abitur zog Peter zur völligen Überraschung und gegen den Widerstand seiner Eltern von zu Hause aus. Er studierte
mehrere Semester verschiedene Fachrichtungen der Geisteswissenschaften, aber leider ohne mit einem wirklichem Ergebnis.
Freundschaften mit Frauen hielten nie lange. Seine Freundinnen beklagten sich immer darüber, dass er zu pingelig sei und zu
einer liebevollen, verständnisvollen Partnerschaft nicht fähig sei.
(Peter hatte ja auch nie wirkliche Liebe und auch kein Verständnis von seinen Eltern erfahren und wenn,
dann nur in Form von "Gegenleistungen", die er zu bringen hatte. Peter kann nicht etwas weitergeben, das er
gar nicht kennt. Dies zeigte sich dann auch später in der Beziehung zu seiner Frau und zu seiner Tochter.)
Mit 25 Jahren mietete er mit einer Freundin zusammen eine Wohnung. Es gab immer wieder Reibereien wegen unterschiedlichen Auffassungen von Ordnung und Zusammenleben in der gemeinsamen Wohnung. Erschwerend kamen die Anforderungen des Studiums hinzu. Er merkte immer mehr, dass er wieder nicht funktionierte und brach deshalb seine Studierversuche komplett ab. Seine Freundin funktionierte auch nicht, so wie er wollte, besonders wenn er das „Parieren“ einforderte. Nach ca. 3 Monaten des gemeinsamen Beisammenseins kam es zum ersten äußeren Eklat. Peter explodierte plötzlich völlig unerwartet und schlug in der Wohnung einiges kurz und klein. Die Freundschaft ging auseinander. Peter war längere Zeit in ärztlicher Behandlung.
Mit 27 Jahren lernte Peter seine heutige Frau kennen. Kurze Zeit danach war ein Kind unterwegs und sie heirateten.
Alles was in seinem Hirn abgespeichert war, über innere und äußere Reinheit, Ordnung und Sauberkeit. Seine Ansichten über
die Auswirkungen im äußeren versuchte er mehr und mehr auf seine Frau und sein Kind zu übertragen.
Im Alter von 39 Jahren, bekam er plötzlich einen Ausschlag im
Gesicht, teilweise bis zum Halsansatz. Innerhalb weniger Tage
verschwand dieser aber wieder. Nach 10 Wochen kam der nächste.
Mit der Zeit trat der Ausschlag immer in kürzeren Zeitabständen
auf. Da der Ausschlag scheinbar völlig ohne erkennbaren Grund
auftrat, brachten auch diverse Salben und Arztbesuche nichts.
Nach außen konnte man eine Manie nur durch seine relativ oft
schlechte Laune und durch seinen Ordnungsfimmel erahnen. Was ihn
innerlich bewegte und woher sein Verhalten kam, war keinem –
auch ihm nicht – wirklich bewusst.
In den Sitzungen stellte sich heraus, dass das Hautproblem mit
einer gewissen Verzögerung stets dann kam, wenn er sich
besonders aufregte. Es regte ihn "innerlich" auf, wenn seine
Tochter ihn einfach ignorierte. Verstärkt wurde dies durch die "merkwürdigen" Freunde und
Freundinnen seiner Tochter, das Chaos in ihrem Zimmer, ihre
saloppe Kleidung und ihre Schulnoten.
Ferner kamen Emotionen
hoch, wenn das Essen nicht pünktlich auf dem Tisch
war, das Bad nicht sauber genug war, schmutziges Geschirr
in der Küche stand, seine Frau und Tochter nicht immer
rechtzeitig am Tisch zum Essen saßen und vieles andere mehr. D.
h. er kochte innerlich immer dann, wenn seine Familie nicht so
funktionierte und parierte, wie er es sich vorstellte.
Die Symptome tauchten immer dann auf, wenn der Programmcode, geschrieben in seiner Kindheit, mit seiner Sicht auf das jeweilige aktuelle Umfeld, nicht übereinstimmte.